So bleibt Ihr Eigenheim im Alter tragbar
Stellen Sie sich vor, Sie sind frisch pensioniert, haben den Pflichtteil Ihrer Hypothek abbezahlt und freuen sich jetzt auf einen unbeschwerten Ruhestand. Und dann meldet sich Ihr Kreditgeber und verlangt eine weitere Teil-Amortisation. Ihnen fehlt aber das Geld. Wie kann das sein? Und wie können Sie das verhindern?
Die Tragbarkeit entscheidet
Für Kreditgeber ist die Tragbarkeit das entscheidende Kriterium für die Vergabe oder Erneuerung einer Hypothek. Sie ist dann gegeben, wenn die gesamten Kosten für das Haus oder die Wohnung (Hypothekarzins, Amortisation und Unterhalts- und Nebenkosten) nicht mehr als ein Drittel des Gesamteinkommens ausmachen.
Dabei rechnen die Kreditgeber nicht mit dem realen Zinssatz, sondern mit dem fiktiven, viel höheren kalkulatorischen Zinssatz von etwa 5 %. Mit diesem Puffer wollen sie sicherstellen, dass ein Kunde die Hypothek auch bei steigenden Zinsen bedienen könnte.
Diese Tragbarkeitsrechnung gilt natürlich auch für Hypothekarkunden im Rentenalter.
Im Alter verändern sich die Variablen der Tragbarkeit
Mit der Pensionierung verändern sich aber in der Regel die Variablen der Rechnung entscheidend: das Einkommen (bestehend aus AHV und Pensionskasse) sinkt in den meisten Fällen erheblich. In den meisten Fällen bleiben die kalkulatorischen Wohnkosten gleich, jedoch werden die Wohnkosten im Verhältnis zum Einkommen schlechter. Die kalkulatorischen Wohnkosten verringert sich nur, wenn amortisiert wird. Denn die allermeisten Kreditgeber fordern, dass die Finanzierung spätestens bis zum Rentenalter auf 65 % des Immobilienwertes amortisiert sein muss.
Vor der Pensionierung | Nach der Pensionierung | |
Immobilienwert | CHF 1’200’000.– | CHF 1’200 000.– |
Hypothekarsumme | CHF 960 000.– (80 % von 1’200 000.–) |
CHF 780 000.– (65 % von 1’200 000.–) |
Kalkulatorische Wohnkosten | ||
> Kalkulatorische Zinsen (5 %) / Jahr | CHF 48’000.– | CHF 39’000.– |
> Amortisation / Jahr (960’000 – 780 000 geteilt durch 15 Jahre) | CHF 12’000.– | --- |
> Unterhaltskosten / Jahr (1 % von 1’200 000.–) | CHF 12’000.– | CHF 12’000.– |
Total | CHF 72’000.– | CHF 51’000.– |
Nötiges Mindesteinkommen | CHF 216’000.– | CHF 153’000.– |
Beispiel der Tragbarkeit vor und nach der Pensionierung
Tragbarkeitshürde im Alter oft zu hoch
Im besten Fall bleibt die Tragbarkeit im Alter gegeben, weil sich mit den Einnahmen auch die Zinslast in ausreichendem Masse verringert und die Pflichtamortisationen wegfallen.
Doch sicher ist das keines Falls. Wie das obige Beispiel zeigt, können die finanziellen Anforderungen im Rentenalter immer noch sehr hoch sein.
Vor allem der kalkulatorische Zins sorgt dafür, dass die Tragbarkeitshürde im Pensionsalter für manche Rente zu hoch bleibt. Denn selbst wenn Sie problemlos für die effektiven Zinsen aufkommen können, kann es sein, dass der Kreditgeber aufgrund der Tragbarkeitsrechnung beschliesst, dass die Finanzierung für Sie nicht mehr tragbar ist.
Um im obigen Beispiel zu bleiben: Wenn die Rente des Hausbesitzers nur CHF 120'000.- statt der erforderlichen CHF 153'000.- beträgt, muss er CHF 220’000.- amortisieren, um die Tragbarkeitskriterien zu erfüllen.
Angesichts des demografischen Wandels und der unsicheren Zukunft der AHV wird es immer wahrscheinlicher, dass die Rente im Vergleich zum Erwerbseinkommen immer stärker sinkt. So wird es für Seniorinnen und Senioren immer schwieriger, ihr Wohneigentum zu halten.
Finanzierung im Rentenalter schon mit 50 planen
Als Eigenheimbesitzer sollten Sie sich frühzeitig mit Ihrer Situation nach der Pensionierung auseinandersetzen; spätestens mit 55, besser aber schon mit 50 Jahren.
Stellen Sie dazu die zu erwartende Rente (aus AHV und Pensionskasse) den zu erwartenden kalkulatorischen Wohnkosten gegenüber. Das Verhältnis sollte mindestens 3:1 betragen. Zeichnet sich eine Lücke ab, haben Sie immer noch genug Zeit, zu reagieren.
Tipp: Rechnen Sie einen grosszügigen Puffer ein, um auch für Worst-Case-Szenarien wie Berufsunfähigkeit oder Tod eines Ehepartners gewappnet zu sein.
Tragbarkeit im Rentenalter optimieren – das sind Ihre Möglichkeiten
Grundsätzlich gibt es für Sie drei Möglichkeiten, die Tragbarkeit zu verbessern:
- Einnahmen nach der Pensionierung erhöhen
- Kalkulatorische Wohnkosten senken
- Freies Vermögen anrechnen lassen
Welche Massnahme für wen möglich und am besten ist, ist individuell unterschiedlich.
1. Einnahmen erhöhen
Eine Erhöhung des künftigen Renteneinkommens ist natürlich nur bedingt möglich. Achten Sie aber frühzeitig darauf, dass keine Vorsorgelücken be- oder entstehen, indem Sie Ihre Sparrate erhöhen und sich zum Beispiel in die Pensionskasse einkaufen und so künftige Rentenzahlungen erhöhen.
Vielleicht besteht auch die Möglichkeit, dass Sie dereinst einen Teil Ihres Hauses vermieten und so Einnahmen generieren.
2. Kalkulatorische Wohnkosten senken
Kosten senken heisst im Klartext: Hypothek amortisieren um die Zinskosten zu senken.
Beim Thema amortisieren sollten Sie aber nicht nur die Tragbarkeitsrechnung, sondern auch die Steueroptimierung im Auge behalten: Weniger Zinsen bedeuten auch weniger Abzüge und höhere Steuern.
Ausserdem sollten Sie darauf achten, nicht alles Vermögen in Ihrer Immobilie zu binden um genügend flüssige Mittel zur Verfügung zu haben.
Amortisieren Sie also nicht auf Biegen und Brechen so viel wie möglich, sondern so viel wie nötig. Die optimale Amortisation sollte individuell berechnet werden. Lassen Sie sich hierzu am besten beraten.
3. Anrechnen von freiem Vermögen
Reicht die Rente nicht aus, um die Tragbarkeitskriterien zu erfüllen, kann bei vielen Kreditgebern auch ein bestimmter Anteil der vorhandenen liquiden Mittel (z.B. Kontoguthaben oder Wertschriften) als fiktives Einkommen angerechnet werden. Dieser Anteil bewegt sich zwischen ca. 4 und 8 %.
Freies Vermögen | CHF 150’000.– |
Prozentsatz | 6 % |
Anrechenbares "fiktives" Einkommen | CHF 9000.– |
Beispiel Anrechnung von freiem Vermögen
Ob und wie viel freies Kapital angerechnet wird, ist von Finanzinstitut zu Finanzinstitut sehr unterschiedlich. Es gibt sehr kulante Kreditgeber, es kann aber auch vorkommen, dass jemand fast die gesamte Hypothekarsumme auf dem Sparkonto hat, der Kreditgeber aber nichts davon als Sicherheit akzeptiert.
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FAQ
Wie hoch darf die Belehnung bei Renteneintritt sein?
Zum Zeitpunkt des ordentlichen Rentenalters (Männer: 65 Jahre, Frauen: 64 Jahre) darf sie in der Regel nur noch rund zwei Drittel des Immobilienwerts betragen.
Einige Kreditgeber sind je nach Immobilie (zum Beispiel bei Luxusimmobilien) aber strenger und verlangen eine Reduzierung auf 60 oder sogar 50 % des Immobilienwertes.
Was passiert, wenn ich nach der Pensionierung die Hypothek nicht mehr tragen kann?
In schlimmsten Fall wird sie gekündigt respektive nicht abgelöst und die Immobilie muss verkauft werden. Vorzeitige Kündigungen ziehen in der Regel eine teure Vorfälligkeitsentschädigung nach sich.
Möglicherweise können aber auch Ihre Nachkommen das Haus und die Hypothek übernehmen und Ihnen Wohnrecht gewähren.
Welche Hypotheken eignen sich im Alter am besten?
Im Alter sind Finanzierungen mit kürzeren Laufzeiten sinnvoll– zum Beispiel Flex/SARON-Hypotheken. So können Sie flexibler auf die Unwägbarkeiten des Alters reagieren. Vielleicht wollen oder müssen Sie früher einen Wohnungswechsel vornehmen als geplant. Zum Beispiel aus gesundheitlichen Gründen oder weil Ihr Lebenspartner verstorben ist.
Wenn Sie dann an eine langfristige Festhypothek gebunden ist, können Sie in arge Schwierigkeiten geraten; im schlimmsten Fall müssen Sie sie vorzeitig auflösen und horrende Vorfälligkeitsentschädigungen bezahlen.
Eine langfristige Festhypothek im Alter ist nur dann sinnvoll, wenn die Immobilie in der Familie bleiben soll und zum Beispiel samt Hypothek an ein Kind weitergegeben wird.
Was geschieht mit meiner Hypothek, wenn ich sterbe?
Im Todesfall wird die Immobilie samt Hypothekarschuld zum Erbgut; die Vertragspflichten gehen also auf die Erben über, sei es an den überlebenden Ehepartner, die Kinder oder sonstige Erben. Der Kreditgeber überprüft dann, ob die Tragbarkeit unter den neuen Umständen weiterhin gegeben ist.