Trotz Zinswende: noch steigen die Immobilienpreise

09.09.2022 Eye Icon ca. 6 Minuten

Die Immobilienpreise in der Schweiz sind im letzten Jahrzehnt wegen der lang anhaltenden Tiefzinsphase konstant gestiegen. Jetzt ändert die Zinswende die Ausgangslage: Der Preisanstieg flaut langsam ab, und die Immobilienanlagen verlieren allmählich an Attraktivität.

Immobilienpreise

Die lange Tiefzinsphase hat in der Schweiz für stetig steigende Immobilienpreise gesorgt. Mangels Alternativen investierten Anleger:innen vermehrt in Immobilien, weil der Wertzuwachs eine gute Rendite versprach. Das ändert sich nun mit der Zinswende: Denn mit dem Anstieg der Hypothekarzinsen sinken die Renditeaussichten für Investor:innen. Somit sinkt auch die Attraktivität von Immobilien als Anlagekategorie, während Staats- oder Unternehmensanleihen für Investor:innen wieder interessanter werden. Im «Immobilienmonitor» des 2. Quartals 2022 der Credit Suisse heisst es deshalb: «Damit fehlt künftig der Motor für (...) automatische Wertzuwächse. Der Fokus der Anleger wird sich daher voraussichtlich wieder stärker auf das Wachstum und die Sicherheit der Immobilienerträge richten.»

Nachfrage nach Wohneigentum sinkt

Auf der einen Seite sind es die erhöhten Zinsen, die für Immobilienbesitzer:innen grundsätzlich keine gute Nachricht sind. Auf der anderen Seite sind als Folge der weltweiten Schwierigkeiten bei den Lieferketten die Baumaterialpreise stark gestiegen, und die hohen Energiepreise lassen die Nebenkosten explodieren. Gemäss dem «Immobilienmonitor» ist deshalb die Nachfrage nach Immobilien seit Anfang Jahr gesunken:

  • Eigentumswohnungen –4,1% 
  • Einfamilienhäuser –5,2% 

Bei den bewilligten Bauprojekten und den Baugesuchen sanken die Zahlen im Vergleich zum Vorjahr bei den Eigentumswohnungen, während sie bei den Einfamilienhäusern stiegen:

  • Baubewilligungen Eigentumswohnungen – 7,7%
  • Baugesuche Eigentumswohnungen –2,7%
  • Baubewilligungen Einfamilienhäuser +5,3%
  • Baugesuche Einfamilienhäuser +13,5%. 

Immobilienpreise steigen weiter an

Anders schätzt dagegen die IAZI AG den Trend ein. Das Unternehmen erarbeitet Dienstleistungen für die Immobilienwirtschaft und hat sich auf Immobilienmarkt-Analysen, Liegenschaftsbewertungen und die Berechnung von Immobilienindizes spezialisiert. Gemäss IAZI bleibt das Interesse nach Wohneigentum trotz höherer Zinsen vorerst robust. Wie der «SWX IAZI Private Real Estate Index» zeigt, sind die am Markt bezahlten Preise für Eigenheime im 2. Quartal 2022 leicht gestiegen – um 0,6% bei Einfamilienhäusern und 0,8% bei Eigentumswohnungen. Über die vergangenen 12 Monate liegt das Wachstum der Transaktionspreise für Wohneigentum demnach bei 5,2%, was weiterhin über dem langjährigen Durchschnitt liegt. 

Gemäss Donato Scognamiglio, dem CEO der IAZI AG, dämpfen die gestiegenen langfristigen Festhypotheken die Nachfrage zwar. Kurzfristige Geldmarkt-Hypotheken (zum Beispiel SARON) seien aber nach wie vor zu sehr attraktiven Konditionen zu haben. «Vorerst gibt sich der Markt unbeeindruckt», bilanziert Donato Scognamiglio. «Doch bei den Renditeliegenschaften sehen wir erhöhte Risiken, denn erhöhten Zinsen wirken sich bei der Bewertung solcher Objekte direkt preissenkend aus.»

Auch der Quartalsbericht 2/2022 des spezialisierten Unternehmens Wüest Partner AG kommt zu einer ähnlichen Prognose: Die rückläufige Bautätigkeit beim Wohneigentum habe zur Angebotsknappheit beigetragen. Das sei auch ein wesentlicher Grund dafür, dass die Wohneigentumsquote trotz des Nachfragebooms sinke: «Sie ist seit 2015 um rund 7% zurückgegangen. » Derzeit zeichne sich aber (noch) keine Trendwende am Wohneigentumsmarkt ab, schreibt Wüest Partner: «Trotz der tiefer erwarteten Realeinkommen und den jüngst beobachteten Zinsanstiegen ist auch 2022 mit ansteigenden Wohneigentumspreisen zu rechnen – zu gross ist derzeit die Nachfrage im Vergleich zum Angebot.» 

Das Bundesamt für Statistik veröffentlicht ebenfalls regelmässig Zahlen: Der Schweizerische Wohnimmobilienpreisindex (IMPI) misst quartalsweise die Entwicklung der Marktpreise für Wohneigentum in der Schweiz. Gemäss diesen Zahlen zeichnet sich keine Wende im Immobilienmarkt ab. Ging der schweizerische Immobilienpreisindex (IMPI) im ersten Quartal 2022 bei den durchschnittlichen Preisen für Eigentumswohnungen um 1,2% zurück, so stiegen die Preise im 2. Quartal 2022 gleich um 3,3% an. Auch bei den Einfamilienhäusern ein Preisanstieg von 2,0% im 2. Quartal 2022 zu verzeichnen, nachdem der Anstieg im 1. Quartal 2022 noch moderate 0,6% betrug. Dabei kommt es aber auch sehr auf die Region an: In städtischen Gemeinden und Agglomerationen nehmen die Preise für Einfamilienhäuser am deutlichsten zu. Die Preise für Eigentumswohnungen erhöhten sich dagegen vor allem in ländlichen Gemeinden.

Schweizerischer Wohnimmobilienpreisindex - Eigentumswohnung

Schweizerischer Wohnimmobilienpreisindex - Einfamilienhäuser

So oder so: Wohneigentum ist durch die Preisentwicklung in den letzten Jahren sehr teuer geworden. Und die Finanzierung wird nicht einfacher: Weil auch die Hypothekarzinsen steigen, verteuern sich die Wohnkosten – was das Häuschen auf dem Land oder die Eigentumswohnung in der Stadt für viele Menschen unerschwinglich macht. Entsprechend ist auch die Miete im Vergleich zum Wohneigentum wieder attraktiver. Hier gibt es Regulierungen, die eine schnelle Anpassung an die höheren Finanzierungskosten verzögern oder verhindern.

Hypothekarzinsen: leichter Anstieg erwartet 

Die US-Notenbank hat den Leitzins wegen der hohen Inflation in den USA bereits mehrfach erhöht. Bis Ende Jahr dürfte er gemäss Ankündigung auf rund 3% steigen. Weil der Anstieg der Inflation gebremst scheint und zudem die Konjunktur abflacht und eine Rezession droht, erwarten Fachleute aber keine grossen Leitzinserhöhungen über 2022 hinaus mehr. Ein ähnliches Bild sehen wir in Europa: Die Europäische Zentralbank EZB hat die Ära der Negativzinsen ebenfalls beendet, währenddem die Schweizerische Nationalbank SNB ihren Leitzins bereits von –0,75% auf –0,25% erhöht hat. Im Herbst werden weitere Zinsschritte erwartet. 

Falls es zu keinen unerwarteten Ereignissen mehr kommt und die Teuerung nicht deutlich zulegt, dürften die Hypothekarzinsen nur noch leicht ansteigen. Allerdings dürften sich die aktuell beliebten SARON-Hypotheken verteuern, sobald der SNB-Leitzins ins Positive dreht. Sie bleiben aber eine attraktive Alternative zu Festhypotheken, die eine grössere Sicherheit bieten. Ein Mix von verschiedenen Hypotheken und Laufzeiten kann in unsicheren Zeiten sinnvoll sein und das Zinsrisiko senken. 

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FAQ

Wie entwickeln sich die Immobilienpreise in Zukunft?

Die Nachfrage nach Wohneigentum sinkt zwar im aktuellen Zeitpunkt, doch bleibt sie immer noch grösser als das verfügbare Angebot. Fachleute gehen davon aus, dass sich daran auch in den nächsten Monaten nichts ändern wird. Dieses Nachfrageplus führt dazu, dass die Preise für Wohneigentum weiter steigen werden, allerdings nicht mehr so stark wie in den letzten Jahren. Wegen der höheren Hypothekarzinsen wird allgemein eine Abschwächung des Preisanstiegs erwartet. Anders beim Mietwohnungsmarkt: Dieser erholt sich seit einigen Monaten, und alles weist in den nächsten Monaten auf steigende Mieten hin: Der Leerwohnungsbestand sinkt seit 2021, das Angebot ist ebenfalls rückläufig, wodurch bei den Mieten eine Trendwende eingesetzt hat.

Warum werden Häuser immer teurer?

Die Preise richten sich nach Angebot und Nachfrage. Durch die Covid-19-Pandemie und den Trend zum Homeoffice ist das Interesse nach Wohneigentum noch einmal gestiegen. Das Interesse ist gross, das Angebot an Wohnimmobilien gleichzeitig knapp. Dieses Nachfrageplus treibt die Preise nach oben. Die Hypothekarzinsen steigen, das Baumaterial ist wegen der Pandemie und dem Krieg in der Ukraine viel teurer, zudem gibt es Lieferengpässe: Deshalb wird allgemein eine Abschwächung des Immobilienbooms erwartet. Immer mehr Menschen erfüllen wegen der hohen Preise die Kriterien der Tragbarkeitsberechnung nicht mehr und können sich den Kauf einer Wohnung oder eines Hauses nicht mehr leisten. 

Wann sinken Immobilienpreise wieder?

Die Preise sinken, wenn das Angebot grösser ist als die Nachfrage. Der Immobilienmarkt ist momentan zweifellos überhitzt und die Preise sind äusserst hoch. Falls die Immobilienblase platzen sollte, käme es zu einem Einbruch des Immobilienmarkts, und die Preise würden rasant sinken. Dies gilt sowohl für Wohneigentum als auch für Renditeimmobilien und Gewerbeobjekte. Der UBS-Immobilienblasenindex stieg stieg im 2. Quartal 2022 nur marginal von 1,57 auf 1,58 Punkte. Der Vorquartalswert wurde aber aufgrund revidierter Daten zu den Haushaltseinkommen deutlich nach oben korrigiert. Ab einem Wert von einem Punkt spricht man von erhöhtem Risiko, ab zwei Punkten von einer Immobilienblase. Der Eigenheimmarkt ist damit im Vergleich zur eigenen Historie überbewertet. Fachleute gehen aber nicht davon aus, dass es in den nächsten 12 oder 18 Monaten zu einem Crash kommen wird. Wenn sich Investor:innen und Käufer:innen zurückziehen, könnten die Immobilienpreise langfristig durchaus etwas korrigiert werden: Dies, wenn die Zinsen weiter steigen und die Nachfrage weiter abnimmt.

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