Hypothek verlängern oder amortisieren?

13.02.2023 Eye Icon ca. 5 Minuten

Wenn die Laufzeit Ihrer Finanzierung ausläuft, stehen Sie vor der Frage: verlängern oder (teilweise) zurückzahlen? Welcher Weg für Sie der richtige ist, hängt von Ihrer persönlichen Situation und Ihren Zukunftsplänen ab. Hier erfahren Sie, was Sie bei der Entscheidung bedenken und beachten sollten.

Verlängern oder amortisieren: Warum hat man überhaupt die Wahl?

Eine Finanzierung – egal ob Festhypothek oder Flex-/SARON – ist meist in eine 1. und 2. Hypothek aufgeteilt. Die 1. darf sich auf maximal zwei Drittel des Belehnungswertes des Hauses belaufen. Braucht der Käufer mehr Fremdkapital, wird dies durch die 2. Hypothek abgedeckt. Die gesamte Hypothek darf maximal 80% des Belehnungswertes betragen.

Eine Amortisationspflicht besteht nur für die 2. Hypothek; diese muss innerhalb von 15 Jahren oder spätestens bis zur Pensionierung zurückbezahlt werden. Die Amortisation der 1. Hypothek ist freiwillig. Den Zeitpunkt einer Amortisation können Sie allerdings nicht frei wählen: bei Festhypotheken ist dies in der Regel nur zum Ende der Laufzeit und bei Flex-/SARON-Hypotheken zum Ende der vereinbarten Rahmenlaufzeit gebührenfrei möglich.

Welche Faktoren spielen eine Rolle?

Bei der Entscheidung für eine (Teil)-Rückzahlung spielen folgende Faktoren eine Rolle:

  1. Aktuelle Zinssätze
  2. Steuern
  3. Individuelles Anlegeverhalten
  4. Individueller Liquiditätsbedarf
  5. Wertentwicklung der Immobilie/Belehnung

Schauen wir uns diese Faktoren nun genauer an.

1. Wer amortisiert, spart (hohe) Zinsen

Es liegt auf der Hand: Wenn die Zinssätze aktuell sehr hoch sind, ist eine Verlängerung der ganzen Festhypothek nicht sehr attraktiv. Hier kann es sich lohnen, die Schuld (teilweise) zu tilgen um Zinskosten zu sparen. Doch ob dies wirklich sinnvoll ist, hängt davon ab, wie sich Ihre Situation bezüglich der anderen Faktoren darstellt.

2. Wer verlängert, spart Steuern

Die gesparten Zinsen sind nur eine Seite der Amortisation. Deren Kehrseite ist: Sie können weniger oder keine Zinsen mehr vom Einkommen abziehen. Dadurch steigt Ihre Steuerlast. Im Umkehrschluss heisst das: Wenn Sie die Hypothek unverändert verlängern, können Sie weiterhin Steuern sparen. Hier lautet also die Frage:

Was wäre höher: die Zinsersparnis durch eine Amortisation oder die Steuerersparnis durch eine Weiterführung mit der gleichen Hypothekarsumme?

Allerdings ist unsicher, wie lange dieser Steuervorteil noch besteht. Seit vielen Jahren gibt es immer wieder politische Vorstösse, die Besteuerung des sogenannten Eigenmietwertes zu kippen. Demnach müssen Hausbesitzer den Mietwert ihrer Liegenschaftals Einkommen versteuern und können im Gegenzug die Hypothekarzinsen absetzen. Sollte dieses Gesetz dereinst aufgehoben werden, muss beim Thema Amortisation neu gerechnet werden.

3. Wer gern in Wertpapiere investiert, sollte verlängern

Wenn Sie amortisieren könnten, heisst das, dass Sie eine grössere Summe an liquiden Mitteln zur Verfügung haben. Geld, das Sie auch anders und vor allem mit guter Rendite anlegen könnten – zum Beispiel in Aktien. Die Frage, die Sie sich stellen müssen, lautet:

Was wäre höher: die Zinsersparnis durch eine Amortisation oder die Anlagerendite einer Investition?

Um darauf eine verlässliche Antwort zu bekommen, müssen wir den Netto-Zinssatz für die Finanzierung (nach Steuern) der Netto-Anlagerendite gegenüberstellen. Letztere ist bei börsenkursabhängigen Anlagen wie Aktien natürlich nicht vorhersehbar. Renditen von 2 bis 3% sind aber über einen längeren Zeitraum betrachtet realistisch.

Beispiel zeigt Vorteile von Investitionen und Amortisationen

In diesem Beispiel wäre also jede Investition, die nach Abzug von Steuern und Gebühren mehr als 1,75% Rendite einfährt, gewinnbringender als eine Amortisation. Im Umkehrschluss heisst das: Wenn Ihnen Anlagen wie Aktien zu riskant sind und Sie das Geld nur auf einem Sparkonto mit tiefem Zinssatz «parken» würden, wäre eine Amortisation vorteilhafter.

4. Wer finanziell flexibel bleiben will, sollte ohne Rückzahlung verlängern

Wer amortisiert, steckt sein Geld in die Immobilie. Damit ist es zwar nicht weg, aber nicht mehr für andere Projekte und Notwendigkeiten verfügbar. Wenn zum Beispiel eine Renovation ansteht, sollten Sie das Geld dafür einsetzen und nicht die Hypothekarschuld tilgen.

Besonders wenn Sie kurz vor der Pensionierung stehen oder schon in Rente sind, sollten Sie nicht Ihre ganzen liquiden Mittel in der Immobilie binden. Ansonsten sind Sie zu wenig flexibel, um auf neue Lebenssituationen und Bedürfnisse zu reagieren. Denken Sie daran: Man bekommt meist nicht ohne weiteres eine neue Finanzierung oder eine Hypothekenerhöhung, vor allem nicht im Alter.

5. Verliert die Immobilie an Wert, könnte eine Amortisation Pflicht werden

Ein letzter Punkt, der für die Entscheidung relevant sein könnte, ist die Belehnung. Grundsätzlich darf eine Hypothek 80% des Belehnungswertes nicht überschreiten. Wenn der Wert einer Immobilie sinkt, steigt bei gleichbleibender Darlehenssumme die Belehnung. Steigt sie über 80%, könnte der Kreditgeber eine Amortisation verlangen, um die Belehnung wieder zu reduzieren.

Beispiel:

  Beim Kauf Aktuell
Wert der Immobilie CHF 1’000’000.– CHF 780’000.–
Hypothek CHF 650’000.– CHF 650’000.–
Belehnung 65% 83,3% (zu hoch)

 

Fazit: sorgfältig abwägen und beraten lassen

Bei der Entscheidung erneuern oder amortisieren gibt es viele Faktoren zu beachten und gegeneinander abzuwägen: Wie hoch sind die aktuellen Zinsen? Wie sieht Ihre Steuerrechnung aus? Wie viel Geld steht Ihnen zur Verfügung? Was für ein Anlagetyp sind Sie? Gibt es Vorsorgelücken zu schliessen? Wie viel Liquidität ist nötig? Wie sieht Ihre finanzielle Zukunft aus – vor allem nach der Pensionierung?

In vielen Fällen überwiegen die Argumente für das Erneuern, aber es gibt kein Patentrezept. Holen Sie sich für Ihre individuelle Auslegeordnung Unterstützung und eine persönliche Beratung bei einem Experten. Auch bei Valuu können Sie sich jederzeit zu diesem Thema beraten lassen.

FAQ

Was bedeutet amortisieren?

Im Zusammenhang mit einem Kredit bedeutet «amortisieren» einfach «(teil)-zurückzahlen».

Bis wann muss eine Hypothek amortisiert sein?

Die 2. Hypothek muss bei den meisten Kreditgebern innerhalb von 15 Jahren oder zum Zeitpunkt der Pensionierung zurückbezahlt werden – was früher eintrifft. Die 1. Hypothek muss gar nicht amortisiert werden.

Was ist der Unterschied zwischen direkter und indirekter Amortisation?

Bei der direkten Amortisation zahlen Sie das Geld direkt an Ihren Kreditgeber. Die Hypothekarschuld verringert sich dabei mit jeder Zahlung. Bei der indirekten Amortisation zahlen Sie regelmässig eine vereinbarte Summe auf ein Vorsorgekonto (Säule 3a) ein. Die Bank hat das Pfandrecht auf diesem Konto. Später wird das angesparte Geld zur Tilgung genutzt.

Was kostet es, ausserterminlich eine Festhypothek zu amortisieren?

Die (teilweise) Amortisation einer Festhypothek während der Laufzeit kommt einer vorzeitigen Vertragsaufhebung gleich. In diesem Fall wird der Kreditgeber eine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen. Sie ist mindestens so hoch wie die entgangenen Zinsen der restlichen Laufzeit, meist aber noch deutlich teurer. Bei Flex-/SARON-Hypotheken sind die Gebühren in der Regel etwas milder.

Was ist bei tranchierten Festhypotheken mit unterschiedlichen Laufzeiten zu beachten?

Mit einer gestaffelten Hypothek ist man punkto Amortisation flexibler als mit einer untranchierten, weil die Gelegenheiten für eine Rückzahlung zahlreicher sind. Ansonsten hat eine Tranchierung aber eher Nachteile.

Diese Seite verwendet Cookies. Weitere Informationen finden Sie in den Datenschutzbestimmungen.
Wellen Bild
Contact Icon

Wir sind jederzeit kostenlos für Sie da!

group
phone
Fachexpert:innen anrufen

Unsere Fachexperten sind montags bis donnerstags von 8 - 18 Uhr und freitags von 8 - 17 Uhr für Sie da.

+41 31 667 98 84

Rückruf vereinbaren
Nachricht senden
Beratung in PostFinance-Filiale vereinbaren