Baukosten-Explosion: Gründe, Tipps und Prognosen
Bauen ist in den letzten zwei Jahren stark und rasant teurer geworden: Allein im Jahr 2022 sind die Baukosten um 8,3% gestiegen. Grund dafür sind vor allem die Folgen des Krieges in der Ukraine. Der Preisanstieg hat sich mittlerweile verlangsamt, trotzdem bleibt die Frage für viele angehende Bauherren: Kann ich mir den Traum vom neuen Eigenheim noch leisten?

Materialkosten treiben Baupreise in die Höhe
Während in den 2010er-Jahren die Baukosten stagnierten oder sogar sanken, sind sie in den letzten zwei Jahren zum Teil schnell und stark gestiegen. Die Trendwende erfolgte 2021 mit einer Bauteuerung von 4%. Mit Ausbruch des Ukrainekriegs im Februar 2022 nahm die Preissteigerung bei Material- und Energiekosten rasant an Fahrt auf. Vor allem die Stahlpreise schossen in die Höhe, sodass die Baupreise allein zwischen Oktober 2021 und Oktober 2022 um 8,3% zunahmen.
Zum Vergleich: Seit 1960 beträgt die durchschnittliche jährliche Inflation im Baugewerbe 2,6%, und die durchschnittliche Inflation bei den Konsumgütern (Landesindex der Konsumentenpreise) 2,3%.
Ein weiterer Grund für die Bauteuerung sind die gestiegenen Lohnkosten. Inflation und Fachkräftemangel haben sie stärker nach oben getrieben als in früheren Jahren. Jahrzehntelang waren die Lohnkosten der Hauptgrund für die Teuerung im Baugewerbe. In der aktuellen Lage spielen sie im Vergleich zu den Materialpreisen aber eine untergeordnete Rolle.
Entwicklung des Baupreisindexes in der Schweiz (Stand Oktober 2022)
Der Baupreisindex wird halbjährlich (April/Oktober) berechnet und jeweils im Juni und Dezember veröffentlicht.
Teuerung variiert je nach Art des Bauwerks
Gemäss dem Bundesamt für Statistik (BFS) haben die Preise beim Tiefbau etwas stärker angezogen als beim Hochbau. Der Hochbau fällt mit einem Anteil von knapp 78% am gesamten Baukostenvolumen aber stärker ins Gewicht. Bei den Hochbauten sind die Preise für neue Bürogebäude und Mehrfamilienhäuser am stärksten gestiegen. Einfamilienhäuser kommen in diesem Vergleich etwas besser weg.
Oktober 2022 | Gewicht | Index | Veränderungen gegenüber | |
in % | Okt. 22 | Apr. 22 | Okt. 21 | |
Baugewerbe total | 100.00 | 112.7 | 3.2 | 8.3 |
Tiefbau total | 22.33 | 111.1 | 3.3 | 8.5 |
Hochbau total | 77.67 | 113.2 | 3.2 | 8.2 |
Neubau Mehrfamilienhaus | 25.7 | 113.6 | 3.5 | 8.6 |
Neubau Mehrfamilienhaus Holz | 5.17 | 115.1 | 2.6 | 7.7 |
Neubau Einfamilienhaus | 5.38 | 111.9 | 2.8 | 7.8 |
Neubau Bürogebäude | 5.39 | 114.8 | 3.7 | 9.6 |
Renovationen / Umbauten | 32.56 | 112.4 | 3.0 | 7.8 |
Quelle: Bundesamt für Statistik BFS, Dezember 2022
Kostenexplosion bei Rohbauarbeiten am stärksten
Der Anstieg des Preisindexes im Hochbau ist laut BFS (Stand Oktober 2022) hauptsächlich auf Mehrkosten im sogenannten «Rohbau 1» (Baumeisterarbeiten) zurückzuführen. Die Baumeisterarbeiten machen mit knapp einem Fünftel den kostenmässig grössten Anteil bei einem Neubau aus.
Ebenfalls zugenommen haben die Preise für den «Rohbau 2» (Fenster, Aussentüren, Tore) und den «Ausbau 1» (Metallbauarbeiten), wenn auch in weniger starkem Ausmass.
Die Baukosten haben in allen Grossregionen zugelegt, am stärksten in Zürich (4,6%) und in der Ostschweiz (3,4%).
Was, wenn das Bauprojekt plötzlich zu teuer wird
Die höheren Baukosten haben manches Bauvorhaben platzen lassen – zumindest vorerst. Hier ein paar Denkanstösse, wenn Sie sich mit dem Gedanken befassen, ein Haus zu bauen.
1. Mehr Reserven einplanen
Wer baut, muss immer Reserven einkalkulieren, um allfällige Verzögerungen und Planänderungen während des Baus decken zu können. Bisher wurde eine Reserve von 6% der Baukosten empfohlen. In der aktuellen Lage sollten gemäss dem Bauexperten Stefan Aeschi eher 10 bis 15% Reserve einkalkuliert werden (Vgl. NZZ, 25.1.2023).
2. Baukredit aufstocken
Wer über ein genügend hohes Einkommen und/oder Ersparnisse verfügt, kann eine Erhöhung des Baukredits in Erwägung ziehen. Allerdings gilt es zu bedenken, dass nicht nur die Inflation, sondern auch die Zinsen für Baukredite und Hypotheken stark angestiegen sind. Wie immer ist auch hier die Tragbarkeit ausschlaggebend bei der Entscheidung für oder gegen eine Finanzierung.
3. Günstiger bauen
Steht kein zusätzliches Kapital zur Verfügung, gibt es vielleicht auf der Kostenseite noch Spielraum. Oft tut es auch ein günstigerer Bodenbelag oder eine preiswertere Küchen- oder Badausstattung. Vor allem im Innenausbau lässt sich viel Geld einsparen, ohne merklich an Komfort einzubüssen.
4. Abwarten
Wer keinen Zeitdruck hat, tut gut daran, seine Pläne auf Eis zu legen und auf günstigere Rahmenbedingungen zu warten. Eine Prognose zu deren Entwicklung ist jedoch schwierig.
5. Kaufen statt bauen
Alternativ zum Neubau kann es sich lohnen, sich im Immobilienmarkt nach einem bestehenden Haus umzusehen, das keine oder nur wenig Umbauarbeiten erfordert. Die Immobilienpreise sind zwar derzeit immer noch hoch, doch laut den Immobilienspezialisten von Wüest Partner sind die Preise für Eigentumswohnungen jüngst nur noch leicht gestiegen, bei den Einfamilienhäusern waren sie sogar leicht rückläufig.
Paradigmenwechsel im Bauwesen?
Apropos kaufen statt bauen: Während in den vergangenen Jahrzehnten die Lohnkosten der massgebende Teuerungsgrund im Baugewerbe waren, sind jetzt die Baustoffe der treibende Faktor. Sollte sich dieses Novum etablieren, hätte das grössere Auswirkungen auf das Baugewerbe und einen positiven Effekt auf Klima und Nachhaltigkeit: Besonders ressourcenschonendes Bauen und ein sorgsamerer Umgang mit Vorhandenem wären dann nicht mehr nur aus ökologischer, sondern auch aus ökonomischer Sicht interessant.
FAQ
Warum sind die Baukosten so stark gestiegen?
Der Hauptgrund sind die überdurchschnittlich stark gestiegenen Rohstoffpreise seit dem Ausbruch des Ukrainekrieges. Ein weiterer Grund sind die gestiegenen Lohnkosten aufgrund der Inflation und des Fachkräftemangels.
Bleiben die Baukosten so hoch?
Ob es sich um eine nachhaltige Preiserhöhung oder um einen eher kurzfristigen Preisausreisser handelt, ist noch nicht abzusehen. In den letzten Monaten hat sich die Teuerung verlangsamt, aber es wäre zu früh, von einer Trendwende zu sprechen.
Was ist der Baupreisindex und wie wird er berechnet?
Der Baupreisindex ist ein Konjunkturindikator für das Baugewerbe. Stark vereinfacht berechnet man den Baupreisindex wie folgt: Man ermittelt, wie die einzelnen Bauunternehmen in der Schweiz die Preise für ihre Leistungen seit der letzten Erhebungsperiode verändert haben. Aus diesen Einzeldaten lässt sich dann ein Gesamtindex nach Bauwerk, nach Regionen und für die Schweiz errechnen.